Deutscher Evangelischer Posaunentag 2024 in Hamburg
Mittenmang – der Deutsche Evangelische Posaunentag (dept) in Hamburg
Mittendrin sein – das ist oft schon an sich eine schöne Sache. Mittendrin sich bewegen in Hamburg, dieser pulsierenden Großstadt mit internationalem Flair an der Elbe – das ist noch eins obendrauf. Mittendrin sein in Hamburg und zwischen 15.000 Bläsern Musik zu machen – das ist schon eines der höchsten Glücksgefühle für einen Bläser.
Alle acht Jahre etwa findet dieses Großereignis statt – nach Leipzig und Dresden nun eben Hamburg, und jedes Mal waren Bläserinnen und Bläser aus dem Siegerland dabei. Nach dem Fest ist vor dem nächsten Fest – etwa sieben Jahre dauert die Organisation eines solchen Ereignisses, und man konnte sich regelmäßig davon überzeugen, dass jede Stunde davon notwendig war, sich am Ende aber absolut gelohnt hat.
Bläserinnen, Bläser und Gäste des Posaunenverbands Siegerland waren in drei Bussen mit dem Ziel „Hotel Helgoland“ in Hamburg-Eimsbüttel angereist. Von hier aus konnte man bequem öffentlich oder mit den eigenen Bussen zu den einzelnen Veranstaltungen gelangen. Kleine Geschichte am Rande: an diesem Tag waren etwa 300 Bläser (ohne Siegerländer Beteiligung) auf genau diese Insel Helgoland gefahren und hatten dort mit einem Platzkonzert zum dept eingeladen…
Zum Eröffnungsgottesdienst fanden sich am Freitagabend bereits viele tausend Bläser mitten in der Stadt auf der Moorweide ein. Jetzt ist es aber nicht so, dass für eine solche Veranstaltung das öffentliche Leben in Hamburg eingestellt wird. Nebenan gastierte ein Zirkus, der sein Programm allerdings extra für den Gottesdienst unterbrach und durch die atemberaubende Turneinlage zweier muskelbepackter Artisten Grüße ausrichten ließ.
Außerdem spielte zur gleichen Zeit im Volksparkstadion der HSV gegen St. Pauli – definitiv ein Hochrisikospiel der zweiten Fußball-Bundesliga. Idealerweise sollte der HSV gewinnen, um der Sieger im Stadtderby zu sein. Der Aufstieg war sowieso kaum mehr zu erreichen, für St. Pauli war er dagegen auch bei einer Niederlage schon so gut wie sicher. Damit wären alle zufrieden gewesen, die befürchtete Krawalle ausgeblieben. Und so kam es - der HSV gewann, die Stadt blieb friedlich – das Einzige, was man vom Spiel mitbekam, waren unzählige Polizeifahrzeuge und Wasserwerfer.
Vermutlich hat Gott da genauso mitgewirkt wie beim Wetter. Das war nämlich eher nach Siegerländer als nach Hamburger Art – aber es blieb während des gesamten Wochenendes trocken!
Der Samstag war geprägt von jeder Menge Gebläse. Mittenmang eben. Von der morgendlichen Probe im Stadtpark über unzählige Platzkonzerte in der gesamten Stadt bis hin zur Abendserenade auf der Jan-Fedder-Promenade direkt an der Elbe – Bläsermusik hatte Hamburg voll im Griff.
Sowohl am Freitag als auch am Samstag wurden in vielen Kirchen Konzerte angeboten, die im Vorfeld online gebucht werden konnten, um Überfüllungen zu vermeiden.
Überall sah man Menschen mit Teilnehmerausweis um den Hals und Instrument auf dem Rücken – beim Flanieren in der Einkaufsmeile, mit einem Eis auf der Besucherterrasse der Elbphilharmonie oder mit Fischbrötchen und Pils an den Landungsbrücken. Menschen, die sich über Ihr Handy beugten und über den Fahrplan diskutierten, oft auf Schwäbisch oder Sächsisch.
Ein sehr friedliches Miteinander in einer Stadt, die durchaus auch für Krawalle und Rotlichtkriminalität berüchtigt ist.
Die vielen Eindrücke kann man gar nicht alle aufschreiben – die muss man erlebt haben.
Da waren die bestens organisierten Veranstaltungen an sich. Geordnet und geführt von Pfadfindern aus ganz Norddeutschland. Es ist selbst für eine Messe- und Hafenstadt eine Herausforderung, wenn sich 15.000 Bläser mit Instrumentenkoffern von A nach B bewegen. Die Busse und Bahnen platzten aus allen Nähten, aber man wartete eben geduldig auf die nächste U-Bahn. Dass die regelmäßig fährt und an diesem Wochenende für Teilnehmer sogar kostenlos, war für VWS-erfahrene Siegerländer an sich schon ein Fest. Einer unserer Tubisten erhielt zu später Stunde sogar ein Sonderlob von einem nicht mehr ganz nüchternen Einheimischen für die Schlepperei seines großen Instruments.
Da war das Platzkonzert des Siegerländer Posaunenverbands auf den Magellan-Terrassen mit Blick auf die Elbphilharmonie. 150 Bläserinnen und Bläser – ein Miniatur- Kreisposaunenfest im Schatten des Miniatur-Wunderlandes. Viele Zuhörer genossen unsere Musik, die von den Gebäuden der Speicherstadt zurückschallte. Andere Chöre bliesen an exponierten Stellen in der Stadt, in Krankenhäusern und Altenheimen, auf Marktplätzen und am Fischmarkt. Eine Gruppe hatte sogar eine Barkasse gemietet und ließ sich choralblasend durch die Speicherstadt schippern!
Und da war natürlich die Abendserenade. In der Eröffnung fast schon etwas kitschig anmutend, sie begann um 20.24 Uhr mit den Turmbläsern vom Glockenturm des Hamburger Michels. Wenn man das rege Treiben in Hamburg kennt, kann man sich gar nicht vorstellen, wie viele tausend Bläser auf der Promenade Musik machen können, die dann sogar von den Speditionshallen auf der anderen Elbseite zurückschallt. Und wie so viele Menschen auch still sein können. Die Dirigenten, der Moderator und ein Kleinchor (bestehend aus mehreren hundert jungen Bläserinnen und Bläsern) leiteten vom Museumsschiff Cap San Diego aus den großen Chor an. Das Elbufer verwandelte sich in eine ergreifende Atmosphäre aus Klängen und Lichtern.
Der Abschlussgottesdienst mit etwa 22.000 Mitwirkenden und Zuhörern fand dann wieder im Stadtpark statt. Die Veranstalter hatten im Vorfeld sogar ein Schallschutzgutachten erstellen müssen. Was für manche typisch deutsch und übertrieben erscheinen könnte, machte beim Solo von hunderten Tuben aber fast schon Sinn – denn die waren nicht nur zu hören, sondern auch zu spüren!
Gloria sei Dir gesungen – natürlich durfte Johann Sebastian Bachs musikalischer roter Faden aller Posaunenfeste zum Abschluss nicht fehlen. Und dass die aus dem Rundfunk bekannten Moderatoren einen christlichen Hintergrund oder sogar eine Posaunenchorvergangenheit haben, ist ja auch schon fast posaunenchortypisch. Bläser findet man überall!
Die Reisegruppe aus dem Siegerland blickt sehr dankbar auf dieses Wochenende zurück, mit vielen Eindrücken und dem gesegneten Gefühl, mittendrin in der Gemeinde Gottes aktiv zu sein – mittenmang eben.
Daniel Flender
Posaunenchor Dreis-Tiefenbach